Warum Atmung die Grundlage des guten Sprechens ist
Stellen Sie sich vor, Sie sprechen vor Publikum. Ein wenig aufgeregt, aber eigentlich gut vorbereitet. Sie beginnen zu sprechen, die Nervosität steigt. Die Wangen werden heiß, die Stimme klingt mal heiser, mal zittrig, zu hoch. Sie reden sich um Kopf und Kragen, können keinen klaren Gedanken mehr fassen – Cut.
Selbstsicheres und sympathisches Auftreten, Empathie, das Einbringen von Spannungsbögen und Setzen von Pausen an den richtigen Stellen, eine deutliche Aussprache, eine aufrechte Haltung und – nicht zu vergessen – das Anwenden rhetorischer Skills machen eine/n gute/n RednerIn aus. Aber nicht nur das. Eine essentielle Zutat fehlt noch für den gelungenen Auftritt, sie bildet sogar die Grundlage: Die richtige Atmung.
Freies Atmen für eine ausdruckstarke Stimme
„Die Qualität des Atems bestimmt die Qualität der Stimme“, betont Daniela Zeller, Moderatorin, Sprechtrainerin und Gründerin von FREIRAUM Kommunikation, dem Institut für Stimme, Rhetorik und Medientraining. Denn nur wenn die Atemmuskulatur nicht verkrampft, sondern sich in einem entspannten Zustand befindet und das Zwerchfell frei ist, können die Stimmbänder schwingen und es kann ein optimaler Anblasedruck erzeugt werden. Zur Erklärung: Der Anblasedruck ist der Druck aus den Lungen, durch den die Stimmlippen geöffnet werden. Dadurch können unterschiedliche Laute erzeugt werden – je mehr Druck vorhanden ist, desto lauter klingt die Stimme. Das Ziel ist, dass die Kraft der Stimme nicht aus der Kehle kommt, sondern vom Atem getragen wird. Auf diese Weise klingt sie stark und kraftvoll – also genau so, wie wir sie haben möchten.
Klare Gedanken für eine klare Sprache
Lassen Sie uns wieder an das Anfangsszenario zurückdenken. Weshalb gelingt es oft nicht, einen klaren Gedanken zu fassen und auf den Punkt zu kommen?
Auch hier ist die Atmung ausschlaggebend. Ein ausgewogener Sauerstoff-Kohlendioxidgehalt ist Voraussetzung für eine freie Atmung. Wir atmen Sauerstoff ein und Kohlendioxid aus. Bei Nervosität, Anspannung, Aufregung oder in Angstzuständen beschleunigt sich die Atmung, das Sauerstoff-Kohlendioxidgehalt gerät aus dem Gleichgewicht – und wir können nicht mehr klar denken.
Atmung bewusst steuern
Atmung geschieht unbewusst und wird vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Wir fühlen uns so, wie wir atmen: hektisch, aufgeregt, schwer – oder eben auch ruhig, entspannt und ausgeglichen. Die gute Nachricht: Richtige Atmung kann erlernt werden. Atmen wir bewusst langsam ein und anschließend mit einem kräftigen „fff“, „sch“ oder anderen Reibelauten aus, entspannt sich der obere Brustbereich und der Parasympathikus, unser Ruhenerv, wird aktiviert, die Nerven beruhigen sich. Die Atmung wird langsamer, tiefer und regelmäßiger.
Mit Atmung beginnt und schließt sich der Kreis
Der Körper gelangt so in den sogenannten „Eutonus“, jenem harmonischen, wohligen Spannungszustand, in dem er sich befinden sollte, damit wir die Dinge auf den Punkt bringen und souverän sprechen können. Durch einen angespannten Oberkörper bleibt auch der Großteil des verfügbaren Resonanzraums ungenutzt. Egal ob Gelegenheits- oder Berufssprecher/in, Moderator/in, Lehrer/in, Sänger/in oder Vortragende/r – jede Stimme profitiert von der optimalen Atemtechnik.
„Freie Atmung ist die Voraussetzung für klare Gedanken und eine klare Sprache“, weiß Daniela Zeller und macht all jenen mit zittriger oder heiserer Stimme Mut: „Mit gezielten Übungen können wir die Atmung und damit auch den Stimmklang trainieren.“
Kurz zusammengefasst
- Die richtige Atemtechnik ist der Schlüssel zum wirkungsvollen Sprechen.
- Mit der richtigen Atmung entspannt sich der Oberkörper, die Atemmuskulatur und das Zwerchfell; die Stimmbänder können frei schwingen. Die Stimme klingt klar.
- Durch bewusstes Atmen beruhigen sich auch die Nerven.
- Richtiges Atmen kann erlernt werden.